(Fast) Alles über das Cross Device Tracking
Wir Webanalysten haben Zugriff auf viele Daten, wenn es ums Tracking geht. Mithilfe der Analytics-Tools sehen wir wie unsere Nutzer oder diejenigen, die wir gerne als Nutzer hätten, auf unsere Kampagnen reagieren und wie sie sich auf unserer Website verhalten. Selbstverständlich ist das nicht alles und wir können auch viel mehr, wenn die Konfiguration stimmt und das Wichtigste: wenn man weiß, was mit Analytics überhaupt machbar ist. In meinem Artikel geht es heute um eine dieser Möglichkeiten. Ich werde erläutern, was Cross Device Tracking (geräteübergreifendes Tracking) ist, welche Rolle dabei die User-ID spielt, warum man sie nicht mit der Client-ID verwechseln sollte und was bei der Erhebung der Daten zu beachten ist.
Es gibt viele Gründe, warum geräteübergreifendes Tracking mit der Zeit wichtiger wird/wurde. Laut der Studie „Faszination Mobile – Verbreitung, Nutzungsmuster und Trends“, verwendeten Internetnutzer in Deutschland schon im Jahr 2014 durchschnittlich 2,4 internetfähige Endgeräte. Und der Trend bleibt steigend. Das Beispiel unten veranschaulicht solches Nutzerverhalten sehr gut:
Mit dem Begriff „Nutzer“ sollte man also in Analytics vorsichtig umgehen. Das Verhalten, das wir zum Beispiel mithilfe Google Analytics analysieren, ist nicht das der Nutzer, sondern der Geräte. Denn Google Analytics kann die Nutzer nicht erkennen, wenn sie die Website von verschiedenen Geräten besuchen. Ohne die User-ID haben wir am Beispiel des Videos mindestens vier Nutzer, die am Ende eigentlich nur Cookies sind (ausführlicher unten). Das vermittelt ein falsches Bild nicht nur darüber, wie viele Nutzer wir in der Wirklichkeit haben, sondern auch darüber, wie sich die Nutzer verhalten, die sich auf unserer Website angemeldet haben und dementsprechend ein größeres Interesse an unseren Produkten haben. Einerseits kann all das dazu führen, dass die Marketer das Geld für die Werbung zwischen den Mobilen und Desktop Ads falsch verteilen und andererseits, dass sie darin eingeschränkt sind den Nutzern ihr Online-Präsenz noch besser und effektiver zu gestalten.
Vor der „Multiscreen-Ära“, war es einfach das Nutzerverhalten mithilfe von Cookies zu tracken. Man hat die Suche nach Produkten oder verschiedenen Services auf dem PC angefangen und beendet. Heutzutage suche ich Produkte auf dem Smartphone auf dem Arbeitsweg, vergleiche sie in der Agentur auf dem Tablet und in der Pause in unserer eigenen, coolsten Kneipe der Welt. Gekauft wird anschließend Zuhause auf dem PC oder dem Laptop. Also ganz schön schwer uns sinnvoll zu tracken. Dass wir nicht die einzigen sind, die sich beim Kauf so kompliziert verhalten, bestätigt auch Google und veröffentlicht eine sehr interessante Statistik:
Cookies sind ganz klar immer noch sehr relevant und hilfreich, aber eher für die Desktop-Umgebung und dadurch weniger hilfreich für Developer, Werber und Unternehmen in der mobilen Welt (richtige) Nutzer zu erreichen. Denn Cookies werden auf der mobilen Website jedes Mal gelöscht, wenn der Nutzer den Browser schließt, den Prozess auf seinem Browser unterbricht oder neu beginnt. Außerdem können sie appübergreifend nicht geteilt werden. Auch wenn wir nur bei der Desktop-Umgebung bleiben wollen: Cookies können auch nicht browserübergreifend geteilt werden. Hat man also nur ein internetfähiges Gerät, nutzt dafür aber mehrere Browser, haben wir theoretisch 2-3 Personen als Nutzer von einem Gerät.
Cross Device Tracking
Die Antwort auf das Problem ist Cross Device Tracking – die Erstellung eines Nutzungsprofils auf Basis von Daten unterschiedlicher Geräte. Dadurch ist es möglich Nutzer geräte- und appübergreifend zu identifizieren und so gezieltes Cross Retargeting (wiederholte Ansprache von Usern über verschiedenen Devices hinweg) einzusetzen und Kunden zum richtigen Zeitpunkt auf dem richtigen Gerät zu erreichen. Beim Cross Device Tracking werden die Daten so gesammelt und kombiniert, dass sie alle Geräte verbinden, die von einer Person benutzt wurden.
Es gibt drei Methoden von Cross Device Tracking – entweder mithilfe der Device-ID – deterministische Methode oder der User-ID – probabilistische Methode. Und die dritte Methode – nicht relevant für meinen Artikel und die meisten Marketer (aber für mich persönlich höchst interessant) – Ultraschall-Tracking.
Zuerst kurz über das Ultraschall-Tracking: Beim Ultraschall-Tracking wird durch den Fernseher während eines Werbespots ein für den Menschen nicht wahrnehmbares Tonsignal (audio beacon) im Ultraschallbereich gesendet und falls auf dem in der Nähe liegenden Smartphone oder Tablet bestimmte Apps installiert sind, durch diese Geräte registriert. So ist es möglich die Verbindung zum Nutzer herzustellen.
Beim Einsatz der deterministischen Methode werden PII-Daten (persönlich identifizierbare Informationen) wie zum Beispiel Kreditkarten- und Telefonnummer, E-Mail- und IP-Adressen, Applikationen-, Browsers- und Geräte-Daten benötigt und gesammelt. Weil diese Methode auf bekannten Daten basiert, liefert sie ein fast perfektes Ergebnis. Der Prozess ist aber sehr aufwändig und benötigt so viele Nutzerdaten, dass nur große Konzerne wie Facebook, Google, Twitter, Apple oder Amazon imstande sind diese Methode zu nutzen. Bei diesen Anbietern muss man beim Registrieren zustimmen, dass seine Daten unter anderem zu diesem Zweck genutzt werden können.
Durch das probabilistische Tracking werden anonyme Daten wie Bildschirmauflösung, Gerätetyp, Standort, Internetanbieter getrackt, Verhaltensmuster analysiert, basierend auf sehr vielen Algorithmen. Das heißt anhand von hunderten anonymen Informationen werden die möglichen Personen grob identifiziert. Grob, weil in den meisten Fällen die benutzten Geräte einem Haushalt zugeordnet werden, aber nicht einem Individuum (zum Beispiel, weil die Geräte dieselbe Internetverbindung nutzen). Klingt zu probabilistisch, aber abhängig davon, wie gut das Tracking konfiguriert ist und über welche Mittel man verfügt kann die Präzision mehr als 90 % erreichen.
Da nicht alle Unternehmen imstande sind wie die oben genannten Großkonzerne ihre Nutzer deterministisch zu tracken und die probabilistische Methode sehr kompliziert ist, muss eine andere Lösung gefunden werden.
Die deterministische Methode klingt hervorragend, sehr unkompliziert. Was ist also das Problem? Die Richtlinien. In Europa und besonders in Deutschland wird die Privatsphäre sehr ernst genommen. Es ist nicht erlaubt, persönlich identifizierbaren Informationen zu sammeln, speichern, nutzen und sogar die IP-Adressen werden anonymisiert. Es muss also eine andere Lösung gefunden werden. Hier kommt die User-ID ins Spiel. Eine User-ID kann erstellt werden nachdem man sich auf der Website ein Konto angelegt hat oder sich für den Newsletter angemeldet hat. In diesem Fall kann der Nutzer nach dem Einloggen auch auf einem anderen Gerät getrackt werden.
Aber Achtung: Die User-ID nicht mit der Client-ID verwechseln!
User-ID vs. Client-ID
Während die User-ID die wichtigste Rolle beim Cross Device Tracking für die Marketer übernimmt und wir als Nutzer nicht direkt spüren können wie sie sich auf unser Surfverhalten und Surferfahrung auswirkt, sind Cookies die richtigen „Alltagshelfer“. Dass wir zum Beispiel nicht jedes Mal Spracheinstellungen auf einer Website ändern müssen, unsere Produkte beim Online-Shoppen wieder im Warenkorb finden, uns nicht jedes Mal auf einer Seite anmelden müssen und wir die besuchten Seiten beim Googeln (fast) immer abgehoben sehen, sind genau dank Cookies möglich. Aber was genau sind die Unterschiede zwischen der Client-ID (Cookie) und der User-ID, was sind ihre Vor- und Nachteile? Um all das zu veranschaulichen, habe ich eine kurze Übersicht erstellt:
Client-ID wird von Universal Analytics Cookie _ga zufällig generiert und stellt einen Browser oder ein Gerät dar. Die User-ID wird von uns selbst festgelegt und stellt einen einzelnen Nutzer dar.
Da die Client-ID nur auf einem Gerät/Browser existiert, kann sie nicht für das geräte-, appübergreifende Tracking genutzt werden. Das heißt: Mit der Client-ID ist es nicht möglich das Nutzer-Engagement über verschiedenen Geräten und Sitzungen hinweg zu analysieren. Die User-ID hingegen ist fast nur dafür gedacht :). Und auch, wenn sich der Nutzer erst zum Ende der Sitzung hin anmeldet, kann die Sitzungsergänzungsfunktion aktiviert werden, wodurch Daten aus der gesamten Sitzung zugeordnet werden können.
Die GA-Client-ID ist eine zufällige Nummer, die nach dem Zeitpunkt des ersten Website-Besuch erstellt wird. Die User-ID enthält kein Zeitprotokoll, dafür aber neben Ziffern auch Buchstaben und kann folgendermaßen aussehen: nutzer@beispiel.de, NutzerName oder die UUID (Universally Unique Identifier) – UID2506250. Wichtig ist, dass UUID verschlüsselt übergeben wird.
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Die Client-ID zählt jeden eindeutigen Nutzer auf der Website. Abhängig davon, von wie vielen Geräten der Nutzer die Website besucht hat, auch mehrmals. User-ID wird nur den eingeloggten Nutzern zugewiesen, dadurch werden die Nutzer nur einmal gezählt, was zu der präziseren Zahl der „richtigen“ Nutzer führt.
Der Vorteil der Client-ID für Marketer? Mithilfe Client-ID kann man theoretisch die Customer Journey von dem ersten Besuch der Website an tracken und die Berichte von diesem Zeitpunkt erstellen. Gleichzeitig heißt es: der Nutzer, der die Cookies in seinem Browser löscht, ist ein neuer Nutzer und die Journey wird neu angefangen. Mit der User-ID wird der Nutzer nur ab dem Zeitpunkt der Registrierung beziehungsweise der Anmeldung getrackt, falls die Sitzungsergänzung aktiviert ist. Außerdem können die geräteübergreifenden Berichte für höchstens 90 Tage erstellt werden.
Was zu beachten ist
Wie schon oben erwähnt: Das Cross Device Tracking/der Einsatz der User-ID wird als Feind der Privatsphäre kritisiert. Weil es eigentlich möglich ist anhand der Daten wie E-Mail-Adressen, Login-Daten, Nutzerverhalten und so weiter die bestimmte Person zu identifizieren. Wir als Online-Marketing-Agentur können keine rechtlichen Hinweise diesbezüglich geben, die Maßnahmen sollte man mit seinem Datenschutzbeauftragten abstimmen. Unten findet Ihr aber das Wichtigste, was man beim Tracking beachten sollte.
Ob die Tracking-Methoden datenschutzrechtlich zulässig sind, hängt unter anderem davon ab, um welche Art der verarbeiteten Daten es sich handelt. Deshalb ist es wichtig die Datenschutzgesetze von Anfang an zu berücksichtigen. Zu einer Webanalyse-Beratung gehört ebenfalls der Aufbau des Cross-Device-Trackings.
Beim deterministischen Tracking werden bestands- und personenbezogene Daten verwendet und die Profilerstellung ist nur mit Einwilligung des Nutzers zulässig.
Wenn nur Nutzungsdaten verarbeitet werden und die ID verschlüsselt ist, dürfen Nutzungsprofile zu Werbezwecken erstellt werden. Das Verhalten den Nutzerkonten zuzuordnen, ist aber rechtlich nicht erlaubt.
Die Nutzer müssen über Art, Zweck der Erhebung, Umfang, Verwendung und ihre Widerspruchsrechte aufgeklärt werden. Die Anwendung dieses Transparenzprinzips (der Informationspflicht) muss ermöglichen, dass der Nutzer sein Recht auf informationelle Selbstbestimmung wahrnehmen kann. Es gibt auch die Möglichkeit die Widerspruchsmöglichkeit in die Datenschutzerklärung einzubinden – das kann mittels Opt-Out-Funktion umgesetzt werden.
Auch dynamische IP-Adressen gelten als personenbezogen und dürfen nicht ungekürzt in das Profil einfließen.
Allerdings ändert sich viel ab dem 25. Mai 2018. Wer sich darüber informieren möchte, kann das hier tun.
Fazit
Man hat viele Möglichkeiten, sein Marketing besser zu führen. Man muss sie aber auch kennen. Wir brauchen ein möglichst gutes Verständnis der Customer Journey und das nicht nur auf dem Desktop oder separaten Geräten. Wie wir sehen, ist auch das möglich. Das Cross Device Tracking ist der (fast) perfekte Helfer dabei und ist zukünftig für gutes Marketing unverzichtbar. Und obwohl man als europäisches Unternehmen verpflichtet ist die Informationen so zu sammeln ohne die Nutzer-Privatsphäre zu verletzen und gegen die Datenschutzgesetze zu verstoßen, ist es noch möglich die Cross-Device-Tracking-Methode einzusetzen, wenn nötige Voraussetzungen erfüllt werden. Mit ein bisschen Geduld ist es also keine große Sache :).